Hofarchiv: Dokumente

Das Leben und Sterben des Soldaten Ludwig Brinkmann 1914



Gardist Ludwig Brinkmann
geboren: 26. Feb. 1887
verheiratet: 09. Jun. 1914
gefallen: 06. Okt. 1914
Militärdienst im Berliner Garderegiment 1909-1911


Wir bleiben noch ein paar Tage in Osnabrück. Die Begeisterung und Stimmung ist die Beste. Deshalb braucht ihr um uns keine Sorge zu haben, denn in den Stuben und in der Menge ist nur Begeisterung. Wir fahren mit 800 Mann gleich ab. Von Berlin aus werde ich wieder schreiben. Wenn ihr so guter Dinge seid wie wir hier alle noch, soll es wohl gehen. Bis auf einen fernen Gruß verbleibe ich euch. Euer Ludwig.

Nachsatz: Liebe Mutter, liebe Agnes, wir sitzen hier im Restaurant Hagmann und werden mit Bouillon, Kartoffeln und Brötchen bewirtet. Um 9:30 Uhr fahren wir ab nach Berlin, die anderen Heinrich usw. auch.

Liebe Agnes, von der Schloßwache aus Berlin euch alle herzliche Grüße. Die Kaiserin und Kronprinzessin habe ich auf einen Schritt Entfernung gesehen und präsentiert. Sonst alles noch wohl. Heinrich hat mir eine Karte geschickt. Ich verbleibe wie immer - Dein Ludwig
Liebe Agnes, deine liebe Karte habe ich erhalten. Mit Gott für König und Vaterland. Gestern war hier der Jubel groß über den großen Sieg bei Metz.
Liebe Mutter, sind jetzt ziemlich an der belgischen Grenze, kommen aber nicht weiter, da der ganze Weg voller Militärzüge hält. Werden wohl noch bis morgen abend auf der Bahn zubringen. Nur noch diese Nacht und der morgige Tag, dann sind wir das Bahnfahren leid. Morgens habe ich die ersten Franzosen gesehen, d.h. Gefangene. Uns kam unterwegs gestern von Köln hierher ein Zug mit ca. 800 gefangenen Franzosen entgegen. Die Kerle sehen aber zerlumpt und verkommen aus. Ludwig
Liebe Mama, liebe Agnes, auf der Weiterreise jetzt in Aachen direkt an der Grenze. Ständig begegnen uns Züge mit gefangenen und verwundeten Franzosen und Engländern. Heute mittag die ersten gefangenen Engländer gesehen und soeben mehrere Türkos. Es geht langsam vorwärts, wann wir ankommen kann ich noch nicht sagen. Wieder ein Zug mit eroberten Geschützen und Autos. Es ist eine schöne Gegend… Ludwig
Liebe Agnes, jetzt müssen wir aus den Zug raus, nachdem wir 8 Tage auf der Bahn waren. Hier regnerisches Wetter, sonst alles wohl. Sind an der französischen Grenze, man kann den Krieg deutlich hören. Ludwig
Liebe Agnes, sind soweit gekommen, wie wir sollten und werden allen Anschein noch wohl heute die Feuertaufe bekommen. Der Kanonendonner grollt zu uns herüber. Der Krieg ist ein hartes Ding. Das sieht man je näher man herankommt. Wer so etwas nicht sieht, kann sich davon keine Vorstellung machen. Darum denkt im Gebet öfter an uns. Das ist das Beste was ihr tun könnt. Sonst bin ich noch guter Dinge. Hatten gestern einen strammen Marsch, dann sind wir 6:00 Uhr morgens in den Zug verladen worden. Nun liegen wir hier auf dem Bahnhof, warten auf Befehl, wo wir uns eingraben sollen.
Liebe Agnes, sind noch in der Nähe von Reims in ein anderes Dorf umquartiert. Heute Ruhetag. Gestern waren wir Reserve des 10. Armeekorps, das vor uns im Gefecht lag, Der Kampf tobt auch heute noch fort. Das 10. Armeekorps und das Gardekorps bilden zusammen die Armee Bülow. Gestern Nachmittag im Felde waren wir am Essen, da flog ein feindlicher Flieger über uns und warf uns eine Bombe. 9 Mann verletzt. Darauf wurden wir mit Schrappnels beworfen, worauf wir die Stellung änderten. Das Dorf, wo wir die Nacht lagen, wurde wie wir von den französischen Granaten beworfen und in Brand geschossen. Sonst geht's mir noch gut. Ludwig
Lieber Bruder, unter harmonischen Kugelschüssen über mir schreibe ich ein paar Zeilen. Wir marschierten Freitag abend die Nacht durch und lagen den gestrigen Tag Verstärkung hinter der Frontwand. Auch gestern mit Granaten beworfen, ohne viel Schaden. Gestern Abend um 10:00 Uhr rückten wir in der Dunkelheit in die vorderen Linien ein. In dem Schützengraben, als wir anmarschierten, wurden wir mit einem mörderischen Feuer empfangen. Ein eigentümliches Gefühl, die Feuertaufe. Als es nun ans Ablösen des Vorposten ging, wurde das Feuer noch schlimmer. Jetzt setzte auch die Artillerie mit Schrappnels ein. Es ging ohne Sehen und Hören in die vorderen Gräben hinein, wo wir geborgen waren. Es sollen allerlei Verwundete gewesen sein. Auch unter denen, die mit mir gekommen sind. 12:00 Uhr mittags, das Feuer dauert immer fort. Wir können nicht schiessen, weil vor uns ein anderer Schützengraben ist. Hier tobt der Kampf schon seit 14 Tagen an der gleichen Stelle. Es ist ein hartes Ringen um Reims. Ob wir heute noch angreifen, ich glaube es nicht. Die anderen Flügel sind noch weiter zurück. Ludwig
Liebe Agnes, heute nach 20 Stunden Bahnfahrt hier angekommen und einquartiert. Schlafen auf der Diele ohne Stroh. Morgen auf Paris zu. Sind vom linken auf den rechten Flügel gekommen. Bei der Armee Bülow. Den Namen St. Quentin werdet ihr wohl schon oft in der Zeitung gelesen haben, da sich hier schon größere Schlachten abgespielt haben. Hier hat man wenigstens Möglichkeit, Einkäufe für Speck und Brot zu machen für die nächste Zeit. Denn weiter auf dem Schlachtfeld ist nichts zu haben als ein wenig Komisbrot. Sonst noch bester Dinge. St. Quentin ist eine schöne Stadt, aber alles preußisches Militär, ein kollosaler Betrieb hier. Mit schönen Grüßen auch an die Mutter, dein treuer Ludwig
Lieber Ludwig, seit dem 30. September sind wir ohne Nachricht. Schreibe sofort, wir sind sehr um Sorge um dich. Wer über dein Verbleib näheres weiß, ersuche ich höflichst Mitteilung zu machen. Mit Gruß Mutter und Frau. Karte zurück 12.11.1914: Verwundet, 29.11.1914 vermißt gemeldet.
Werte Frau Brinkmann. Einer der Kameraden Ihres Mannes meint bestimmt gesehen zu haben, daß ihr Mann durch Bauchschuß verletzt worden ist. Ich habe die Adresse des Kompaniekollegen dem Glaner Pastor übergegeben, welcher wohl irgendeine weitere Erkundigung einziehen wird. Wir wollen hoffen, daß noch eine für Sie beglückende Nachricht eintritt. Leutnant…
Sehr geehrter Herr Brinkmann, der Brief vom 17.04.15 gelangte heute in meinen Besitz. Das läßt sich besser nach dem Feldzug machen, ich bin ja Osnabrücker. Dann könnte ich nach Iburg fahren und Ihnen genaueres erzählen. Ich war bei der Firma J.H. Ebering in Stellung. Es war am 3. Oktober am Bahndamm, da sind mehrere von unserer Kompanie gefallen und verwundet. Darunter war auch soweit ich mich erinnern kann auch der Reservist L. Brinkmann. Ich erkannt ihn in dem ersten Augenblick nicht und fragte nach seinem Namen. Da sagte er Brinkmann. Da sagte ich mir, das ist ja mein Landsmann aus Iburg. Wenn ich mich nicht irre, habe ich mit ihm in St. Quentin im Quartier gelegen. Daß er einen Bauchschuß erlitten hat, ist richtig. Sterben habe ich ihn nicht gesehen. Die Wunde war sehr schwer, ich glaube kaum, dass er geheilt worden wäre. Es war zwischen Boi-de-Logeust und Budway. Hier zwischen befindet sich ein deutsches Grab mit 11 Mann und ein französisches. Von hieraus bis zur Front sind es noch immerhin 10 km. Wenn ich gesund zurückkomme, bin ich bereit, ihnen alles genau zu unterbreiten. Gruß Gefreiter Wächler
In dem Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung des Kriegsverschollenen Reservisten Ludwig Brinkmann wird für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes wird der 06.10.1914 festgestellt.