Hofarchiv: Vertelsel |
Wespen stechen |
Auszug aus der Sammlung "Im Jugendparadies"
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Wenn die Jungen eine Einflugöffnung von Wespen im Erdboden auffanden, wurde das Wespenloch für längere Zeit Erlebnismittelpunkt, bis die gefährlichen Wespen vernichtet waren. Immer wieder machten sich die Buben daran zu schaffen. Sie bearbeiteten den Eingang zum Wespennest mit Steinen, entzündeten ein Strohfeuer über der Öffnung und suchten mit Bohnenstangen zum Nestherd vorzudringen und den Wespeneingang bohrend so zu erweitern, daß die Waben hinausgestoßen werden konnten. Die Arbeit war nicht leicht. Oft mußte die Kampfstätte vor den wehrhaften Wespen fluchtartig verlassen werden. Die verärgerten Tiere verfolgten die Flüchtenden und stürzten sich unglaublich sicher auf Wängen, Kinn, Nase und Nacken des Feindes. Wespenstiche schmerzten sehr. Man konnte sich, wenn Wespen herumsurrten, am besten dadurch retten, daß man den Kopf in einen Busch hineinsteckte. Dann ließen die Verfolger vom Flüchtenden ab.
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Die Zulassung zur zünftigen Wespenärgerungsgemeinschaft mußte wie die
Knappenwürde oder die Äquatortaufe verdient sein. Hans wurde eines
Tages von den älteren Spielkameraden einer solchen ungemütlichen Probe
unterzogen. Jungen sind oft schalkhaft bis zur Grausamkeit. Die Buben
hatten die Einflugöffnung zum Wespennest vergrößert, so daß die
Nesthülle mit den Waben darin aus einiger Entfernung zu sehen war.
Hans muß noch recht jung gewesen sein, weil er die Gefährlichkeit der
Wespen noch nicht kannte. Vielleicht hat er sie als harmlose Fliegen
angesehen. In der Rückerinnerung will es scheinen, als handelte es
sich, vom Brand des Elternhauses abgesehen, um eines der ersten im
Bewußtsein verbliebenen Jugenderlebnisse. Im Erdloch sollte ein helles
Papier, sollte etwas Schönes sein - süßer Honig. Hans sollte und wollte
die Honigtröpfchen mit seiner dünnen Hand herausholen. Unbekümmert
schritt er auf den Wespenbau los, ohne zunächst von ihnen belästigt
zu werden. Als er aber mit dem Arm hineinfuhr, zog er die Hand alsbald
aufschreiend zurück.
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